Kurzinformation Stand Juni 20141. Entstehungsgeschichte des Nationalen Qualitätszertifikats für Alten- und Pflegeheime in Österreich
Das Nationale Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime in Österreich (NQZ) ist ein in ganz Österreich einheitliches Fremdbewertungsverfahren, d.h. externe Zertifiziererinnen und Zertifizierer geben eine systematische Bewertung der Qualität der in einem Alten- und Pflegeheim erbrachten Dienstleistung ab.
Ziel ist es u.a., diese Qualität sichtbar zu machen und einen Anreiz für die Weiterentwicklung der Dienstleistungsqualität zu geben. Zudem soll mit diesem einheitlichen System ein Wildwuchs an „Gütesiegeln“ vermieden werden.
Ausgangspunkt für die Zertifizierung sind verschiedene Qualitätsmanagement-Systeme (ca. 25% der Alten- und Pflegeheime in Österreich haben bereits ein QM-System, nämlich E-Qalin®, QAP+ oder ISO eingeführt).
Entwickelt wurde das NQZ von einer im Jahr 2005 vom Sozialressort gemeinsam mit dem Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs eingerichteten Bund-/Länderarbeitsgruppe, in der alle Länder, der Österreichische Seniorenrat und führende Expertinnen und Experten aus dem Bereich des QM, der Altenarbeit und der Ausbildung in diesem Bereich vertreten waren (jährlich 2 Sitzungen). Eine Steuerungsgruppe hat die Umsetzung des NQZ begleitet.
2008/2009 fand eine Pilotphase statt, in der österreichweit 14 von den Ländern vorgeschlagene Pilothäuser bewertet wurden. Alle 14 Pilothäuser haben das Nationale Qualitätszertifikat erreicht. Jedes einzelne Haus hat Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der Qualität erhalten. Die Kosten für die Pilotphase übernahmen Bund und Länder gemeinsam.
Die Pilotphase wurde evaluiert. Die Evaluierung hat ergeben, dass die Zertifizierungsinstrumente und das Verfahren bei unterschiedlichen strukturellen Gegebenheiten und unabhängig vom eingeführten Qualitätsmanagement-System gleichermaßen angewandt werden können und die Qualität von Alten- und Pflegeheimen gut erfasst und abgebildet werden kann.
2. Überleitungsphase 2011-2012
Im Jahr 2010 wurde eine Erweiterung des NQZ-Modells für den Geriatriebereich vorgenommen.
Um den Regelbetrieb des NQZ vorbereiten zu können, wurde in Abstimmung mit den Soziallandesrätinnen und –räten eine Überleitungsphase (2011-2012) durchgeführt, in der weitere 16 von den Ländern vorgeschlagene Häuser zertifiziert wurden. Alle 9 Länder haben sich beteiligt und die unmittelbaren Kosten für die Zertifizierungen ihrer Häuser übernommen, während das Sozialministerium für die zertifizierungsübergreifenden Kosten aufgekommen ist. Im Rahmen der Überleitungsphase wurden auch Pilotzertifizierungen von Geriatriezentren vorgenommen und 13 der 14 Pilothäuser rezertifiziert. Die Zertifizierungen wurden wie in der Pilotphase von einer „Koordinierenden Stelle“ im Detail geplant und begleitet.
Darüber hinaus wurde im Auftrag des BMASK ein zweiter Ausbildungslehrgang für Zertifiziererinnen und Zertifizierer durchgeführt (März 2011 bis März 2012). Die Auswahl der auszubildenden Zertifizierinnen und Zertifizierer, die ausnahmslos aus der Branche kommen, erfolgte anhand eigens ausgearbeiteter Bewerbungsunterlagen durch die Steuerungsgruppe in Absprache mit den Ländern.
Am 18. Oktober 2011 und am 1. Oktober 2012 fanden die feierlichen Zertifikatsverleihungen an die 2011 bzw. 2012 zertifizierten und die rezertifizierten Alten- und Pflegeheime sowie an die 14 neu ausgebildeten Zertifiziererinnen und Zertifizierer durch Bundesminister Rudolf Hundstorfer und Ländervertreterinnen und –vertreter statt.
3. Vorbereitung des Regelbetriebs
Ende 2011 wurde Univ.Prof. Dr. Walter Pfeil mit der Ausarbeitung einer Machbarkeitsanalyse für die rechtliche Verankerung des NQZ ersucht.
In Abstimmung mit der Bund-/Länderarbeitsgruppe NQZ wurde eine Novelle zum Bundes-Seniorengesetz ausgearbeitet, mit der das „Nationale Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime in Österreich (NQZ)“ in den Regelbetrieb übergeführt wird. Die Änderung des Bundes-Seniorengesetzes wurde im Oktober 2012 von National- und Bundesrat einstimmig angenommen. Das Gesetz trat mit 1.1.2013 in Kraft.
§ 20a Bundes-Seniorengesetz (BGBL. I Nr. 94/2012) sieht u.a. die Förderung einer gemeinnützigen Zertifizierungseinrichtung durch den Bund vor, die die Zertifizierung von Alten- und Pflegeheimen vorbereiten und durchführen soll. Die Länder werden - wie bisher in der Probephase - sowohl im Hinblick auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen als auch bei konkreten Zertifizierungen eingebunden. Nähere Regelungen zur Umsetzung des NQZ wurden in Richtlinien festgelegt. Darüber hinaus wurde beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz als beratendes Gremium ein Zertifizierungsbeirat eingerichtet, in dem wie in § 20a Abs. 4 vorgesehen neben dem BMASK u.a. das Bundesministerium für Gesundheit, alle Länder, der Bundesseniorenbeirat, der Bundesverband der Alten- und Pflegeheime und Expert/innen und Experten aus den Bereichen Alter(n)swissenschaften und Ausbildung vertreten sind.
Die im Bundes-Seniorengesetz getroffenen Regelungen werden nunmehr sukzessive umgesetzt.
Um die besonderen Schwerpunktsetzungen und Qualitäten der zertifizierten Alten- und Pflegeheime für die Öffentlichkeit und potentielle Kundinnen und Kunden, aber auch für die Branche sichtbar zu machen, wurde zudem die Entwicklung einer Homepage in Auftrag gegeben (www.nqz-austria.at). Neben der Veröffentlichung von Zertifizierungsberichten und Praxisbeispielen ist ab Mitte 2014 auch die online-Einreichung und -Abwicklung des Zertifizierungsverfahrens vorgesehen.
4. Merkmale des NQZ
Die Zertifizierung nach dem NQZ ist für Alten- und Pflegeheime nicht verpflichtend. Häuser, die die Anforderungen erfüllen, können sich freiwillig zur Zertifizierung anmelden. Dass dieses positive Anreizsystem funktioniert, zeigt die starke Nachfrage der Häuser.
Im Mittelpunkt des Nationalen Qualitätszertifikats steht die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner. Bewertet wird in erster Linie die Prozess- und Ergebnisqualität. Geprüft wird daher beispielsweise, ob sich die Abläufe an den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner orientieren und wie zufrieden Bewohnerinnen und Bewohner, Angehörige und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Einrichtung sind.
Das NQZ liefert ein objektiviertes Bild der Art und Weise, in der ein Alten- und Pflegeheim in den verschiedenen für alle Beteiligten wichtigen Bereichen Maßnahmen setzt, damit die Betreuungs- und Dienstleistungen an den Bewohnerinnen und Bewohnern orientiert und optimal und effizient stattfinden können (Näheres zu den Bereichen siehe Foki bzw. Qualitäts- und Ergebnisfelder im Modell).
Strukturellen Gegebenheiten fließen nur indirekt in die Bewertung mit ein – sie unterliegen den gesetzlichen Vorgaben der Länder und sind somit Ländersache. Die Strukturqualität wird jedoch auf Wunsch der Länder zumindest in der Darstellung berücksichtigt.
Im Rahmen der Zertifizierung werden für jedes Haus konkrete Vorschläge bzw. Handlungsempfehlungen zur weiteren Verbesserung der Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner und der Arbeitsqualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erstellt. Diese Empfehlungen zielen nicht auf strukturelle Veränderungen ab, sondern beispielsweise auf die Optimierung von Abläufen im Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Nicht überprüft wird die Einhaltung bundes- oder ländergesetzlicher Regelungen, da diese Prüfung durch die Länder im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht erfolgt.
Die Zertifizierung erfolgt anhand einheitlicher Zertifizierungsinstrumente durch unabhängige, branchenerfahrene und speziell ausgebildete Zertifiziererinnen und Zertifizierer. Der Zertifizierungsprozess orientiert sich an international üblichen Normen.
5. Anforderungsprofil für Alten- und Pflegeheime für die Bewerbung um das NQZ
Ein Alten- und Pflegeheim kann sich nur dann um das Nationale Qualitätszertifikat bewerben, wenn
- ein eingeführtes und durch NQZ anerkanntes Qualitätsmanagement-System (QM-System) vorhanden ist;
- das QM-System ein zyklisches/rückkoppelndes Vorgehen (z.B. Deming) berücksichtigt, im gesamten Haus eingeführt ist und keine groben Mängel aufweist;
- ein nachweisbarer und belegter Selbstbewertungsprozess unter Beteiligung relevanter Personengruppen durchgeführt wurde;
- die letzte Selbstbewertung/das letzte Audit länger als 3 Monate (ab Datum der Unterfertigung des Zertifizierungsvertrages) zurückliegt, da ansonsten der Kontinuierliche Verbesserungsprozess nur schwer nachgewiesen werden kann;
- die letzte Selbstbewertung/das letzte Audit nicht länger zurückliegt, als es das jeweilige QM-System vorsieht;
- alle relevanten Personengruppen beteiligt sind;
- Ergebnisse aus Kund/inn/enbefragungen vorhanden sind;
- das Alten- und Pflegeheim in die Überprüfungszuständigkeit der Heimaufsicht fällt;
- keine gerichtlichen Straf-, Finanz- oder Verwaltungsstrafverfahren anhängig sind oder solche Strafen verhängt wurden und noch ungetilgt sind, die in Bezug auf den Betrieb eines Alten- und Pflegeheimes aufgrund ihrer Eigenart oder der Höhe oder Art der verhängten oder zu erwartenden Strafe bedenklich sind
1.
Gemäß § 20a Abs. 3 Bundes-Seniorengesetz i. d. g. F. sind ab 1. Jänner 2013 Zertifizierungen darüber hinaus nur dann möglich, wenn
- das Alten- und Pflegeheim bzw. der Träger
2 eine Anfrage um Zertifizierung beim zuständigen Amt der Landesregierung gestellt hat;
- die „Befürwortende Stellungnahme“ des zuständigen Amtes der Landesregierung vorliegt
3;
- eine Kostentragungszusage für die konkrete Zertifizierung vom zuständigen Amt der Landesregierung vorliegt
4.
1 Damit sind insbesondere schwerwiegende Vergehen des Trägers bzw. des Personals des Hauses in Bezug auf das gerichtliche Straf-, Finanzstraf- oder Verwaltungsstrafrecht gemeint. Aufgrund ihrer Eigenart bedenklich sind Delikte, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Führung und dem Betrieb eines Alten- und Pflegeheims stehen. Aufgrund der Höhe oder Art ihrer Strafe bedenklich sind Straftaten, die als Vorsatztaten qualifiziert sind oder bei denen unbedingte Geldstrafen über 500 Euro oder bedingte oder unbedingte Haftstrafen erwartet werden oder bereits verhängt wurden.
2 In der Regel bringt der Rechtsträger die Anfrage beim Land ein. Fallweise – etwa wenn der Rechtsträger das Land ist - erfolgt die Anfrage durch das betreffende Alten- und Pflegeheim (siehe auch Punkte 7.2. und 10.1.).
3 Das Haus bzw. der Träger ersucht das Land um die Ausstellung.
4 Das Haus bzw. der Träger ersucht das Land um die Ausstellung.
www.nqz-austria.at